
Jeder Autofahrer in Deutschland kennt sie – die sprichwörtlichen „Punkte in Flensburg“. Was viele nicht wissen: Die Geschichte dieses Registers reicht bis ins Jahr 1956 zurück. Am 11. Oktober 1956 beschloss der Bundestag die Einführung einer zentralen Datei für Verkehrssünder, die als Verkehrszentralregister (VZR) bekannt wurde. Sie sollte die wachsende Zahl von Verkehrsverstößen und Unfällen eindämmen. Aber wie kam es dazu und was hat sich seitdem getan?
Das Wirtschaftswunder und die Verkehrswende
In den 1950er-Jahren erlebte Deutschland ein beispielloses Wirtschaftswunder. Mit der wachsenden Prosperität stieg auch die Zahl der Autos rasant an. Was für viele ein Traum von Freiheit und Mobilität war, hatte eine dunkle Kehrseite: Die Straßen wurden immer gefährlicher. Die Unfallzahlen stiegen dramatisch. Allein zwischen 1950 und 1955 verdoppelte sich die Zahl der Verkehrstoten von 6.000 auf fast 15.000. Es war offensichtlich, dass etwas geschehen musste.
Die Geburt der Verkehrssünderkartei
Um die Verkehrssicherheit zu verbessern, suchten die Behörden nach einem wirksamen Instrument. Die Lösung: eine zentrale Datenbank, die Mehrfachtäter identifizieren und zur Rechenschaft ziehen konnte. So wurde am 11. Oktober 1956 die Einrichtung der Verkehrssünderkartei beschlossen. Sie wurde beim Kraftfahrt-Bundesamt (KBA) in Flensburg angesiedelt und nahm im Januar 1958 ihren Betrieb auf.
Anfangs war die Kartei noch eine reine Papierakte, in der Verstöße von Hand erfasst wurden. Jede Ordnungswidrigkeit, die mit einer Geldbuße von mindestens 40 DM (später 60 Euro) geahndet wurde, führte zu einem Eintrag. Das Ziel war klar: Es ging weniger darum, Bußgelder zu kassieren, sondern vor allem darum, ein Verkehrserziehungsmittel zu schaffen.
Vom VZR zum FAER: Die Modernisierung des Punktesystems
Über die Jahre entwickelte sich das System stetig weiter. Die analoge Papierakte wurde digitalisiert und das Regelwerk angepasst. Im Jahr 2014 wurde die „alte“ Verkehrssünderkartei durch das modernere Fahreignungsregister (FAER) abgelöst.
Das neue System brachte wichtige Änderungen mit sich:
- Weniger Punkte, klarere Regeln: Statt der alten 1-7 Punkte-Skala gibt es nun nur noch 1 bis 3 Punkte pro Verstoß.
- Fokus auf Sicherheit: Punkte werden nur noch für Verstöße vergeben, die die Verkehrssicherheit direkt beeinträchtigen. Bagatelldelikte wie das Fehlen einer Umweltplakette führen nicht mehr zu Punkten.
- Klare Tilgungsfristen: Die Punkte verjähren automatisch nach festgelegten Fristen (2,5, 5 oder 10 Jahre) und werden nicht mehr durch neue Verstöße verlängert.
Was geschieht bei zu vielen Punkten?
Das Grundprinzip ist aber gleich geblieben: Wer zu viele Punkte sammelt, muss mit Konsequenzen rechnen.
- Ab 4 Punkten: Sie erhalten eine schriftliche Ermahnung.
- Ab 6 Punkten: Es gibt eine schriftliche Verwarnung und Sie werden zur Teilnahme an einem Fahreignungsseminar aufgefordert.
- Ab 8 Punkten: Der Führerschein wird entzogen.
Die Verkehrssünderkartei mag heute unter einem anderen Namen firmieren, aber ihre ursprüngliche Mission bleibt dieselbe: die Straßen in Deutschland sicherer zu machen. Und wer schon einmal eine Strafe erhalten hat, weiß, wie ernst das Thema genommen wird. Es ist ein System, das uns alle daran erinnern soll, dass im Straßenverkehr nicht nur das eigene Tempo, sondern auch die Sicherheit aller anderen zählt.
Fazit:
Die Geschichte der Verkehrssünderkartei ist eng mit der Entwicklung des modernen Deutschlands verbunden. Sie zeigt, wie der Gesetzgeber auf die Herausforderungen der Massenmotorisierung reagierte und ein System schuf, das bis heute einen festen Platz im Verkehrsrecht hat.
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